Grundlagen der Lerntheorie

Die Lerntheorien wurden von Pavlov, Skinner und Thorndyke in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts erforscht.
Ein Lebewesen lernt weil es angeborene biologische Gegebenheiten hat. Eben wie die Funktion der Organe unterliegen auch die Mechanismen des Lernens gegebenen Regelmäßigkeiten. Für das Lernen müßen die Sinnesorgane, die Nerven und Organe zusammenarbeiten. Damit diese 3 Teile optimal zusammenarbeiten können, muß das zu Lernende in optimaler Form dargeboten werden.

Lerntheorien

Der Ruße Pavlov und die US-Amerikaner Thorndyke und Skinner haben sich besonders mit den Lerntheorien von Tieren befaßt. Der bekannteste Versuch ist der Pavlovscher Versuch: Hund - Glocke - Speichel (weitere Ausführung siehe Klaßische Konditionierung)
Als Ergebnis ihrer Forschungen wurde die klaßische und instrumentell bzw. operante Konditionierung definiert. Beide bilden die Grundlagen der Lerntheorie.

Klaßische Konditionierung

Damit bezeichnet man die Verbindung (Aßoziation) von zwei Reizen (Stimuli), die aus einer regelmäßigen zeitlichen Paarung dieser Reize resultieren.
Der Pavlov'sche Versuch ist dafür sehr bezeichnend:

Futter löst bei einem Hund Speichelfluß aus. Wenn nun regelmäßig bevor Futter gegeben wird eine Glocke erklingt, führt das bei häufiger Anwendung zu einer Aßoziation zwischen Ton und Futter. Sobald die Aßoziation gemacht ist, kommt es bereits beim Erklingen der Glocke zum Speichelfluß.
Dieser Vorgang findet unabhängig vom Verhalten und Bewußtsein statt und ist vom Individuum nicht zu beeinflußen. Damit eine Aßoziation entstehen kann, müßen 5 Punkte eingehalten werden:

1. Zeitabstand der Reize muß stimmen: beide Stimuli müßen innerhalb einer bestimmten Zeit aufeinander folgen.
2. die Intensität beider Reize muß ausreichend stark sein, aber der zweite Reiz muß intensiver sein. Je intensiver beide Reize sind, desto schneller erfolgt eine Aßoziation.
3. eine ausreichend häufige Paarung der Reize muß stattfinden.
4. der erste Reiz muß den zweiten zuverläßig ankündigen.
5. Die Stärke der Aßoziation hängt davon ab, wie häufig die Reize gepaart werden und wie zuverläßig der erste Reiz den zweiten vorhersagt.

Instrumentelle Konditionierung

Bei dieser Konditionierung handelt es sich um eine Aßoziation zwischen drei Sachen: einem Reiz (Stimulus), einer Reaktion auf diesen Reiz (Verhalten) und eine Konsequenz. Das zukünftige Verhalten wird von der Erfahrung geprägt die mit diesem Verhalten gemacht werden.

Es gibt Grundsätze die bei Mißerfolg und Erfolg jeweils gelten:
Ein gewünschtes Verhalten wird immer öfter auftreten und stärker werden wenn drei Punkte beachtet werden:
- Das Verhalten muß Erfolg haben
- Wenn das Verhalten etwas Angenehmes zur Folge hat (Belohnung)
- Wenn durch das Verhalten etwas Unangenehmes entfernt wird

Ein ungewünschtes Verhalten wird weniger oft auftreten und schwächer werden, wenn folgende Punkte beachtet werden:
- Das Verhalten keinen Erfolg hat
- Wenn etwas Angenehmes entfernt wird
- Wenn etwas Unangenehmes hinzugefügt wird


Stimulus
Reaktion
Konsequenz
Verhalten
Menschen eßen
Hund bettelt
Erfolg: er erhält etwas
Er bettelt weiter
Menschen eßen
Hund bettelt
Mißerfolg: er erhält nichts
Er gibt betteln auf


Bei dieser Konditionierung ist es jedoch ebenfalls wichtig, um einen Zusammenhang zwischen einem Verhalten und der Konsequenz zu speichern, einen sehr geringer Zeitabstand zwischen Verhalten und Folge einzuhalten.

Je nachdem was einem Verhalten, ob erwünscht oder unerwünscht, folgt werden die Verstärkungen bzw. Strafen unterschiedlich benannt.

+
-
Das Verhalten wird stärker
Positive Verstärkung
Etwas Gutes wird zugefügt
Negative Verstärkung
Etwas Unangenehmes wird entfernt
Das Verhalten wird schwächer
Positive Strafe
Etwas Schlechtes wird zugefügt
Negative Strafe
Etwas Gutes wird entfernt


Positive Verstärkung (Belohnung)

Alles was bei einem Verhalten in irgend einer Art und Weise eine angenehme Konsequenz hat wird als positiver Verstärkung bezeichnet.
Bei den Verstärkungen unterscheidet man angeborene Verstärker und Sekundäre Verstärker. Der meist angewandte angeborene Verstärker ist das Futter. Ein sekundärer Verstärker sind erlernte Verstärker. Bei Menschen ist ein sekundärer Verstärker z.B. das Geld. Beim Hund ist ein sekundärer Verstärker derzeit der Clicker. Neben diesen Beispielen gibt es noch weitere sekundäre Verstärker. Es gibt z.B. die Reaktion der sozialen Gruppen bzw. des sozialen Partners. Er wird sozialer Verstärker genannt. All diese Verstärker wirken jedoch wieder nur, wenn das Timing zwischen Verhalten und Konsequenz stimmt.

Nun stellt sich die Frage, welche Belohnung für den eigenen Hund die geeignete ist. Es gibt viele Varianten einen Hund zu belohnen.
Welche Belohnung am besten wirkt, hängt von folgenden Punkten ab:

- Von den angeborenen Eigenschaften des Hundes
- Dem erlernten Verhalten
- Die Situation in der sich der Hund befindet

Aus diesen drei Punkten wird deutlich, daß es für keinen Hund ein Kochrezept gibt, wie er immer belohnt werden muß / sollte. Vielmehr muß für jeden Hund ein individuelles Rezept entwickelt und angewandt werden. Doch selbst wenn ein Rezept kreiert wurde, auch dieses muß Situationsbedingt verändert werden.

Damit ein Hund erfolgreich lernt und übt sollte der Hund eine Belohnung bekommen, die er im Augenblick gerne haben möchten oder auch tun möchte. Dabei gilt, je mehr der Hund Intereße an etwas hat, desto größer ist auch seine Motivation etwas zu tun.
Bei der Wahl der Belohnung sind einige Dinge zu bedenken:

- Zuwendung in jeder Form wirken beßer, wenn sie dem Hund nicht sowieso unbegrenzt zur Verfügung stehen
- Spiele funktionieren beßer, wenn sie dosiert angeboten werden und beendet werden bevor der Hund "die Schnauze voll hat"
- Spielzeuge motivieren mehr zur Leistung, wenn sie nicht immer zur freien Verfügung stehen
- Ein weiterer guter Verstärker ist Futter. Es ist lebensnotwendig und somit ein angeborener Verstärker
Beim Belohnen mit Futter ist jedoch der richtige Einsatz gefragt. Führt der Hund immer nur die übungen aus wenn er das Leckerchen schon sieht, so ist es kein Belohnen mehr, sondern eine Bestechung. Da der Hund die übungen aber für den Menschen ausführen soll. Das Leckerchen sollte also nur kurz präsentiert werden und zwar zu Beginn einer neuen übung. So schnell wie möglich sollte aber erst als Anschluß an die übung die Belohnung kommen.
Bsp Beibringen des "Sitz". Das Leckerchen wird also später als Bezahlung im Austausch dafür gegen, daß der Hund ein gewünschtes Verhalten gezeigt hat.

Wichtige Punkte zur Futterauswahl:

1. Futter mit hohem Eiweißgehalt kann den Gehirnstoffwechsel beeinträchtigen und zur Beruhigung führen
2. Schokolade kann giftig sein
3. manche Hunde vertagen künstliche Farben und Konservierungßtoffe nicht
4. Allergien und Futterunverträglichkeiten berücksichtigen
5. eine Futterbelohnung sollte motivieren, aber ein Futter, das zu sehr begeistert, vermindert die Konzentrationsfähigkeit für die Aufgabe
6. Die Größe einer Futterbelohnung sollte weniger als die Hälfte eines Daumennagels sein, sonst wird der Hund satt, fett und gelangweilt
7. wenn eine Belohung nicht mehr wirkt, sollte etwas neues genommen werden
8. ein Hund braucht ein normales ausgeglichenes Futter und sollte nicht zum größten Teil mit Belohnung ernährt werden - aber normales Futter kann als Belohnung eingesetzt werden

Wie wird richtig belohnt?

Wird ein neues Verhalten erlernt, sollte zunächst jedes Mal belohnt werden. Ist der Hund zuverläßig wird mehr verlangt:

- das Verhalten erst nach dem 2., 3., 4. Mal belohnen oder wenn es schnell, bzw. besonders gut gemacht ist
- der Hund weiß, daß etwas gutes in der Tasche ist, jedoch weiß er nicht wann und ob er es überhaupt bekommt
- noch beßer ist unterschiedliche Belohnungen zu haben, so daß der Hund noch nicht einmal weiß, was für eine Belohnung er bekommt: Käse, Wurst, Huhn, Zuwendung, Spielzeug- eine spontane Entscheidung. Für besondere Leistungen einen Jackpot

Wie geht man bei Mißerfolgen vor?

Ein Verhalten, das nichts bringt, wird weniger oft auftreten, schwächer werden und schließlich verschwinden. In der Evolution ist kein Platz für Energieverschwendung. Es ist lebenswichtig für das überleben mit Energien sinnvoll umzugehen. Bevor ein verhalten, das bisher erfolgreich war, aus Mangel an Erfolg gelöscht wird, kann es zu einer vorübergehenden Steigerung kommen!!!!

Strafen (Negative Folgen)

Strafe für ein Verhalten wäre: das Verschwinden von etwas Gutem oder das Zufügen von etwas Unangenehmen. Auch Strafen haben nur bei richtigem Timing und der erforderlichen Stärke und Konsequenz die erwünschte Wirkung.

Die Effektivität einer Strafe beruht auf:

- Timing - beste Wirkung hat eine Strafe zu Beginn des unerwünschten Verhaltens ( damit kein kurzfristiger Erfolg für unerwünschtes eintritt)
- Intensität - die Strafe muß stark genug sein, um unerwünschtes Verhalten zuverläßig auf der Stelle abzubrechen
- Konsequenz - Strafe muß jedes Mal erfolgen, wenn unerwünschtes Verhalten auftritt

Bei nicht Einhaltung kann die erwünschte Verknüpfung ausbleiben, unerwünschte Aßoziationen sind jedoch jederzeit möglich:

- Mit einem Wort, das bei dem unangenehmen Ereignis gesagt wird
- Mit der gesamten Situation, in der das unangenehmen Ereignis erfolgt
- Mit anderen, zufällig vorhanden oder plötzlich auftauschenden Auslösern z.B. Personen, Gerüchen, Gegenständen

Wird falsch gestraft, kann das ernste Konsequenzen haben. Es kann soweit gehen, daß der Hund eine ernsthafte Störung in der Beziehung Mensch - Hund bekommt. Schließlich ist der Hundeführer immer zugegen wenn gestraft wird.

Worauf ein Hund besonders achtet:

1. orientiert sich angeborener Weise an Mimik, Körperhaltung und Körpersignalen. Hunde lernen Körpersprache leichter als Worte
2. Bei Aßoziationen können Menschen "Gerüche" nicht abschätzen ( Beispiel Aßoziation Geruch - furchterregende Situation)
3. Hunde generalisieren Angst leicht: Angst wird auf Grund einer schlechten Erfahrung verallgemeinert. Z.B. Erfahrung mit einem kleinen Jungen ' allgemein Probleme mit kleinen Jungen
4. Freude und angenehme Gefühle werden nur langsam verallgemeinert. Gegenkonditionierung, also dafür sorgen, daß ein Reiz der Angst auslöst, angenehme Gefühle auslöst, ist langwierig. Vorsicht ist lebenserhaltend. In der Evolution gibt es keinen Platz für Mut

Auch erlerntes Verhalten wird nur langsam generalisiert. Sitz und Platz muß ausreichend an vielen Orten wiederholt werden, damit es auf Abruf funktioniert. Ein Hund, der nicht gehorcht (ins Platz geht) macht das nicht um zu ärgern, sondern weil nicht oft genug unter bestimmten Situationen geübt wurde. Je nach Aufgabe und Hund kann das zwischen 2000 und 20000 mal sein.
Sitz Hundeplatz und Sitz Küche, zwei übungen, ähnlich wie Walzer links und rechtsherum.

Lernen kann nur erfolgen, wenn das Timing stimmt. Hunde, die spezielle Aufgaben erfüllen sollen (Blindenhunde, Rettungshunde) müßen natürlich eine Ausbildung haben. Bei Familienhunden wird häufig erwartet, daß sie alles von alleine lernen. Aber das Leben für Hunde in der heutigen Gesellschaft stellt hohe Anforderungen, auf die sie ausreichend vorbereitet werden müßen!


Quelle Kleintiermedizin Nr.5 /2001